Zoll-Karte August 2002


Grenzschild - Schlagbaum - Grenzstein - Grenzsäule und was gibt es noch?
Gruss von der russischen Grenze / Grenzsäule bei Prostken

Grenzsäule Prostken

Auf der 1903 verschickten Karte wird die Grenzsäule bei Prostken dargestellt, die nach dem aufgedruckten Hinweis im Jahre 1545 errichtet worden war.

Es stellt sich aus heutiger zöllnerischen Sicht (denn Zöllner sind - und waren - Beamte und denken deshalb etwas komplizierter) natürlich die Frage, ob diese Grenzsäule nur eine Art Denkmal darstellen sollte, oder ob sie - wie die oben genannten Grenzschild, Schlagbaum, Grenzstein etc. tatsächlich einen Punkt der Grenze markieren sollte. Erkennen kann ich z.B. keine weiteren Grenzsteine oder Säulen, die in der damaligen Zeit ansonsten üblich waren. Ich gehe trotzdem davon aus, daß diese Grenzsäule auf der Grenze - aber als Denkmal gebaut wurde. Doch meine Zweifel: hat man schon 1545 auf der Grenze solche Denkmäler gebaut? Wo war denn die Grenzlinie und besaßen die versammelten Personen ggf. eine schriftliche Berechtigung, an dieser Stelle die Grenze zu überschreiten? Kleine Leute wurden - und werden noch heute - angezeigt, wenn sie es auch nur wagen, einen Schritt über die Grenze zu tun. und hier eine Ansammlung von Grenzflüchtlingen???

Sehen wir uns mal diese illustre Gesellschaft an, die sich auf dem Foto versammelt hat. Zunächst auf der linken Seite:

Hier sind es (nach der Bildunterschrift) der preussische und russische Grenzkommissar (4. und 5. von links) sein sowie der russische Zolldirektor (ganz rechts außen). Die anderen abgebildeten Personen sind wohl weitere (niedriger eingestufte) russische und preussische Zöllner.

Auf der rechten Seite der Säule:

Hier sollen es (neben den nicht genannten Personen) der Russische Kreischef (2. von links), der preuss. Landrath (3. von links) und der russ. Dolmetscher sein (ganz rechts außen).

Welche Abkommen sind hier wohl geschlossen worden? Oder war es wieder einer der berühmten Sonntagsausflüge ???

Hier einige Informationen über diese Grenzsäule
(Dank an Joachim v. Roy, der mir diese Informationen hat zukommen lassen)

Diese Grenzsäule (nach dem bei kl. Prostken gelegenen Kirchdorf Ostrokollen [südlich von Lyck/Ostpreußen] Ostrokollnische Grenzsäule genannt) wurde 1545 vom deutschen Herzog Albrecht von Preußen errichtet. Sie war aus Ziegelsteinen erbaut und der Sockel mit schwarzer, alles übrige mit grüner Ölfarbe angestrichen.

Über der lateinischen Inschrift befinden sich zwei Wappen, links das litauische, rechts das preußische. Der preußische Adler trägt auf seiner Brust ein S., das daran erinnert, daß Albrecht sein Herzogtum vom Polenkönig Sigismund als Leihgabe erhalten hatte.

Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach wurde in Ansbach 1490 geboren (seine Mutter Sophie war eine polnische Prinzessin). Er wurde 1511 zum Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt (Sitz: Königsberg). Da sowohl der Deutsche Orden als auch der Papst politisch bedeutungslos geworden waren, wandelte der Ordenshochmeister Albrecht mit Hilfe seines Onkels, des polnischen Königs Sigismund I., das dem Papst unmittelbar unterstehende Ordensgebiet in ein weltliches Herzogtum um. In diesem Zusammenhang leistete Albrecht seinem Onkel den Lehnseid. Dies geschah in Krakau am 10. April 1525.

Papst und Kaiser Karl V. schäumten. Herzog Albrecht wurde vom Papst gebannt und vom Kaiser geächtet. König Sigismund I. (aus dem litauischen Hause der Jagiellonen) und Herzog Albrecht (aus dem Hause Hohenzollern) führten mit Luthers Hilfe in Polen und Preußen die Reformation ein.

Albrecht führte fortan folgendes Wappen: in Silber der schwarze preußische Adler, der um den Hals eine goldene Krone trägt und dessen Brust mit einem goldenen 'S' (für König Sigismund I.) belegt ist.

Nach Professor Marian Gumowski, Handbuch der polnischen Siegelkunde, Graz 1966, S. 33-35, führte Sigismund I., König von Polen und zugleich Großherzog von Litauen, als Staatswappen den polnischen Adler, als königliches Hauswappen aber den litauischen geharnischten Reiter.

Auf der Grenzsäule sehen wir - heraldisch vorn (vom Betrachter aus links) - das Wappen Königs Sigismund, hinten dasjenige Herzogs Albrecht: ein wahres Zeichen deutsch-polnischer Freundschaft.

Als das Foto entstand, grenzte Ostpreußen an das Zarenreich (insoweit ist auch hier 'Russland' korrekt, besser aber würde man das Bild 'Polen' zuordnen).